Lepra und Eichhörnchen im Reich von König Artus

Britische Forscher fanden Lepra-Bakterien in Nagetieren sciurus-vulgaris

Thomas Barth

Die Briten lieben ihre Legenden, neben Robin Hood vor allem die Sage von König Artus, der einst Großbritannien unter seinem Banner einte. Eine moderne tiermedizinische Legende besagte, dass die sich auf der Insel ausbreitenden grauen Eichhörnchen ihre traditionell rotbepelzten Verwandten mit einer tödlichen Seuche infiziert und so verdrängt haben: Dem Parapoxvirus.

Jetzt zeigte eine neue veterinärmedizinische Untersuchung, dass die Rotpelze schon von je her, womöglich schon seit König Artus‘ Zeiten, Träger eines auch für Menschen ansteckenden Keimes sind: Der Lepra, auch als Aussatz bekannt.

„Wir sollten mehr in Sorge um die Eichhörnchen sein als Angst vor ihnen zu haben“, gab Studien-Mitautorin Prof. Anna Meredith, University of Edinburgh, dem Guardian Entwarnung, „Wir haben festgestellt, dass Lepra bei Eichhörnchen in ganz Großbritannien und Irland weit verbreitet ist, aber wir wollen die Menschen damit nicht beunruhigen. Die Lepra grassiert unter den Tieren schon seit langer Zeit und seit Hunderten von Jahren gab es keine menschlichen Fälle mehr.“

Die Lepra-Studie fand seit 2009 auf Brownsea Island statt, einem beliebten Tourismusziel vor der Südküste Englands. Das Eiland, das in zwei Stunden umwandert werden kann, gilt nicht nur als Naturschutzgebiet und Pfadfinder-Paradies, sondern auch als Refugium der roten Eichhörnchen. In England wurden die roten Nager sonst großflächig von einer grauen Variante verdrängt, die nicht von Lepra-Bakterien befallen ist.

Ein möglicher Amtsnachfolger des legendären König Artus, Kronprinz Charles, verkündete vor zwei Jahren, auf seinen Landgütern die amerikanischen Einwanderer keulen zu lassen. Er wollte die graue Eichhörnchenplage zugunsten der traditionellen roten Nager bekämpfen. Prinz Charles ist auch Schirmherr des Red Squirrel Survival Trust, einer Vereinigung, die sich den Kampf für die roten Eichhörnchen auf die Fahnen schrieb.

Das ganze mutet wie eine Satire an, ist aber wahr. Doch die Briten lieben neben Legenden deren Parodie und die bekannteste der Artus-Sage ist wohl Monty Pythons „Die Ritter der Kokosnuß“. Dort bekommen König Artus‘ Tafelritter es bei ihrer Suche nach dem Heiligen Gral mit einem tödlichen Nagetier zu tun: Ein blutrünstiges Kaninchen rafft die Edelmänner dahin. Näher an der heutigen Lepra-Krise ist eine Satire auf „Die Nebel von Avalon“, die aus keltischer Sicht erzählte Artus-Story. „Die Schnäbel von Avalon“ nahm die heutige Rede von einer Eichhörnchenplage vorweg: Dort tötet ein rotpelziger Nager einen Thronfolger und am Ende des satirischen Romans wird sogar das Auftauchen der ersten Grauhörnchen ins sechste Jahrhundert vorverlegt, in die mythische Zeit des Königs von Camelot.

Tatsächlich wurde das erste Paar grauer Eichhörnchen (Sciurus carolinensis) erst 1876 aus Amerika eingeführt und in der nordwestenglischen Grafschaft Cheshire ausgesetzt. Was anfangs als exotischer Import galt, ist nach mehr als 130 Jahre in den Augen vieler Briten zur Plage geworden, denn die grauen Eichhörnchen haben die einheimischen roten Vertreter fast vollständig verdrängt. In Schottland begann man daher vor sechs Jahren mit einer großangelegten Ausrottung der graupelzigen Neueinwanderer -vielleicht sieht man sie unter dem Aspekt ihrer Lepra-Resistenz heute mit etwas freundlicheren Augen.

Die Wissenschaftler vermuten, dass Lepra in der Vergangenheit vom Eichhörnchen auf den Menschen übertragen wurde, als deren Fleisch und Pelz noch begehrte Jagdbeute waren. Der letzte dokumentierte Fall von Lepra datiert auf das Jahr 1798 und die gefundenen Bakterien weisen große Ähnlichkeit mit solchen auf, die man in Knochen von Lepraopfern aus dem Jahr 1485 fand.

Eichhörnchen werden zahm, gelten als niedlich, können jedoch eichoernchengerade auf den Britischen Inseln auch aggressiv werden. Im letzten Juli wurde in Cornwall ein dreijähriger Knabe von Eichhörnchen attackiert, meldete der Guardian, und so schwer verletzt, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Glücklicherweise handelte es sich um die zwar kräftigeren, aber nicht leprösen Grauhörnchen.

Siehe auch:

Die Schnäbel von Avalon

3 Kommentare zu „Lepra und Eichhörnchen im Reich von König Artus“

  1. Füttern im Park nur noch mit Gummihandschuhen?
    Wo gibts diese >Schnäbel von AvalonNebel von Avalon<, eine esoterik-lovestoryhafte Artusversion.

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  2. Schön ist die Erkenntnis, dass Menschen heute nicht mehr Eichhörnchen essen müssen, um satt zu werden. Massentierhaltung kann also auch Krankheiten eindämmen -hier die Lepra aus Wildtierbraten.

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